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aktuelle Inszenierung:
Tempus fugit -
Schultheater an der
Freien Waldorfschule Lörrach
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"Zwischen-Fälle"
nach Daniil Charms
Regie: Karin Maßen
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zum Autor |
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zum Stück:
Charms hat kleine
Skizzen geschaffen, die jede für sich gesehen etwas Vollkommenes an sich
haben. Im Zusammenhang bilden sie ein in sich geschlossenes Universum,
das von keinen äußeren Faktoren geblendet scheint. Das Eigenartige ist
gerade, dass es keineswegs eigenartig wirkt. Nicht selten handelt es
sich um Begegnungen, die verschiedenste Menschen mit sich selbst haben.
Der Aberwitz ist, dass aus alledem die (Ohn-)Macht des Lebens zu
schreien scheint. In der Absurdität offenbaren sich menschliche
Abgründe, die meist noch einen weiteren Boden haben, unter den sie
fallen können. Nie kommt Gefahr einer eindimensionalen Betrachtung auf.
Der Zuschauer muss mitdenken und mitfühlen. Es ist so leicht, aus dieser
Groteske auszubrechen. Allerdings bricht dann alles auseinander, und die
Kulissen sind die Welt, welche neu gestaltet werden muss.
Leseprobe:
Fälle
Eines Tages aß Orlow
zuviel Erbsenpüree und starb. Und Krylow, der davon hörte, starb auch.
Und Spiridonow starb von allein. Und Spiridonows Frau fiel vom Büffet
und starb auch. Und Spiridonows Kinder ertranken im Teich. Und
Spiridonows Großmutter geriet an die Flasche und wurde Landstreicherin.
Und Michailow hörte auf, sich zu kämmen, und bekam die Räude. Und
Kruglow malte eine Dame mit einer Knute in der Hand und wurde verrückt.
Und Perechrjostow erhielt telegrafisch vierhundert Rubel und wurde so
hochnäsig, dass er aus dem Dienst flog. Alles gute Menschen, die nicht
Fuß fassen können.
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zum Autor:
Daniil Iwanowitsch
Juwatschow wurde am 30. Dezember 1905 als zweites Kind der Familie in
St. Petersburg geboren. In der deutschen Petersschule lernte Charms sehr
gut Deutsch (das war die Unterrichtssprache) und Englisch. Er begann
früh zu schreiben, das älteste Gedicht stammt aus dem Jahr 1922. 1926
begann er ein Studium an der Filmabteilung des Instituts für
Kunstgeschichte in Leningrad, beendete aber dieses jedoch nicht. Charms
war zweimal verheiratet.
Als Schriftsteller
verwendete er viele Pseudonyme, sein häufigstes war Charms, das
möglicherweise von französisch "charme" und englisch "harm" (Qual,
Schrecken) motiviert wurde, andere vermuten einen Hinweis auf "Sherlock
Holmes", den Charms bewunderte. Der Musikliebhaber Charms hatte das
absolute musikalische Gehör. Charms war 1927 Mitbegründer der
Künstlervereinigung OBERIU (Vereinigung der Realen Kunst), die in ihrem
Manifest die Berechtigung verschiedener Kunstrichtungen nebeneinander
forderte. Im April 1930 wurde OBERIU nach kommunistischer Zeitungskritik
von der politischen Führung für staatsfeindlich erklärt und verboten.
Die materielle Situation von Charms war schwierig. Charms konnte nur mit
der Veröffentlichung seiner Gedichte für Kinder in einer
Kinderzeitschrift und Jugendzeitschrift etwas Geld verdienen. Belastend
war auch die politische Verfolgung, die das Leben Charms und das seiner
Freunde und Bekannten prägte.
Charms wurde erstmals
im Dezember 1931 verhaftet und im Frühjahr 1932 wegen "Beteiligung an
einer antisowjetischen Vereinigung" zu drei Jahren Verbannung nach Kursk
verurteilt. Der Einsatz von Charms Vater bewirkte seine vorzeitige
Freilassung nach Leningrad im November 1932. 1937 wurde Charms erneut
politisch angegriffen. Dieses Mal wegen eines Gedichts für Kinder, in
dem ein Mann verschwindet und nicht wieder zurückkehrt. Im September
1937 werden auch viele ihm bekannte Redakteure der Kinderzeitschriften
verhaftet und manche ermordet. 1941 wurde er zum zweiten Mal verhaftet
und starb am 2. Februar 1942 während der Leningrader Blockade in der
Gefängnispsychiatrie an Unterernährung.
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Presse |
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SPUNK
vom 10.7.08 Opulent wie
eine Operette
Waldorfschule spielt „Zwischenfälle“ in Kooperation in Zusammenarbeit
mit Tempus fugit
Von Norman Riebesel
Zu schreiben, den
Inhalt der „Zwischenfälle“ zu erfassen, sei nicht ganz einfach gewesen,
ist eine gnadenlose Untertreibung. Das Stück von Daniil Charms, das die
zwölfte Klasse der Lörracher Waldorfschule am vergangenen Wochenende in
Zusammenarbeit mit dem Theaterprojekt Tempus fugit auf die Bühne
gebracht hat, besteht nicht aus einer stringenten Handlung, sondern aus
einzelnen Skizzen, deren Zusammenhang nicht immer zwingend ist. Märchen
werden mit „realen“ Szenen und Chören verwoben. Gemeinsamer Nenner: das
Groteske. Laut Regisseurin Karin Maßen hat das „Abtauchen in die
Sinnentleertheit die Kreativität der Schüler freigesetzt“. Das Absurde
erfüllt also einen konkreten künstlerischen Zweck. In nur zweieinhalb
Wochen wurde das Stück einstudiert. Maßen hat sich bei der Inszenierung
vor allem am Tanztheater mit den Ikonen Pina Bausch und Sascha Waltz
orientiert. Die zahlreichen musikalischen und Bewegungselemente belegen
das. Nicht von der Hand zu weisen ist eine weitere Analogie: Die große
Zahl der Akteure (28), die festliche Abendgarderobe in schwarz-rot mit
viel Haut bei den Damen und auch die Inszenierung an sich deuten in
Richtung Operette oder sogar Oper - die entsprechende Opulenz ist
gegeben. Ein konkretes Projekt, das den Weg noch weiter geht, stellte
Maßen zwar nicht explizit in Aussicht, schloss es aber auch nicht aus.
Man darf also gespannt sein.
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Die
Oberbadische vom 8.7.2008
Komik und Absurditäten
Theaterstück „Zwischen“-Fälle in der Waldorfschule
Von Thomas Peter
Lörrach. Wie ein
Café mit roten Stühlen und Bistrotischen war die Aula eingerichtet, als
die Schüler am Wochenende zu ihrer Aufführung in die Waldorfschule
einluden. Ausgerechnet Daniil Charms, eigentlich Iwanowitsch Juwatschow,
den russischen Meister des Absurden, hatte sich die zwölfte Klasse für
ihr Theaterstück ausgesucht.
Aber was heißt
eigentlich Theaterstück? Es sind eher Skizzen, Briefe, Monologe, Lieder
und Märchen oder Kurzgeschichten, die Charms da verfasst hat. Sie kommen
daher wie Floskeln aus einem Groschenroman, wie endlose Briefe ohne
rechten Sinn oder man vermeint Kinder zu hören, die sich doofe Märchen
erzählen: „Sergej hat Olga einen Heiratsantrag gemacht“, „Was ist ein
High-Rats-Antrag?“ „Kolja hat das Glasfenster eingeschmissen und das
Haus aufgefressen!“ Die Bühne und der Raum sind erfüllt von den 31
Schülern. Die kurzen Dialoge oder stummen Szenen scheinen wie gemacht
für eine solche Masse von Schauspielern: So können, während die einen
agieren, die anderen begleitende Gesten und Geräusche machen. oder
einfach zur Kulisse erstarren. Bei aller Komik bleibt mitunter das
Lachen im Halse stecken, denn oft erkennt man sich selbst, was für dumme
Gespräche man schon geführt, sinnentleerte E-Mails geschrieben, oder
endlose „Flat“-Telefonate verquatscht hat.
„Wir haben die
Gruppe zweieinhalb Wochen lang jeden Tag gecoached“, erzählt Till Lang,
der unter der Leitung von Karin Maßen zusammen mit drei anderen
Mitgliedern der Theater-Crew von Tempus fugit die Regie geführt hat.
Lang, selbst ehemaliger Waldorfschüler: „Das alles hat prima geklappt,
obwohl alle mitten in ihren Abschlussprüfungen steckten.“ |
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Fotos
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Fotos: Thomas Quartier |
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Es spielen:
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Nicla Nocera |
Katharina Höchst |
Sören Herrmann |
Natalie Schmitz |
Sebastian Linke |
Cornelius Tammik |
Michael Lütolf |
Lynn Reis |
Marina Leibfried |
Christina Rüsch |
Lina Schelker |
Benjamin Baumgartner |
Lisa Dreher |
Lukas Lauble |
Karin Schnepf |
Tamar Minzloff |
Hanna Kufner |
Stina Eichin |
Etienne Blatz |
Bastian Fischer |
Miriam Peter |
Céline Huber |
Anja Albicker |
Leonie Maier |
Patrick Greiner |
Josefine Pomnitz |
Raja Fischer |
Dimas Lauinger |
Alisha Brombacher |
Valentin Fütterer |
Hanna Sommer |
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Regie/Dramaturgie: |
Karin Maßen |
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Miriam Pfitzenmaier |
Sylvia
Jourdan-Kirzdörfer |
Till Lang |
Ric Weißer |
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